Donnerstag, 28. August 2008

Live aus Ghana

Ich tu' als Volontär meine Pflicht und betreibe hiermit offiziell "Öffentlichkeitsarbeit".

Es sind jetzt genau 10 Tage her, seit meine Füße zum ersten Mal afrikanischen Boden berührt haben und dieses runde "Jubiläum" nehme ich zum Anlass ein mittel-kurzes Resümee zu schreiben und erste Fotos zu publizieren.
Ich muss ehrlich gestehen, bis jetzt kostet es sehr viel Überwindung, sich jeden Abend Zeit für E-Mails und Fotobegutachtung zu nehmen, da tagsüber so viele Eindrücke und Erfahrungen gemacht werden, die am Abend auf Ver- und Bearbeitung warten.

Abflug gemeinsam mit Martin war am 18.8.2008 um 06:35 mit der Lufthansa zum Frankfurter Flughafen. Von dort nach ca. drei Stunden Wartezeit (die ich mit nahezu professionellem "Auf-einer-zu-kurzen-Bank-schlafen-wollen" verbracht habe) nach Accra, mit einem Zwischenstopp in Lagos. Den Flug hätten wir fast verpasst, da wir in der falschen Wartehalle gewartet haben. Ich muss sagen, es hat mich sehr schon verwundert wie viele Inder nach Afrika wollen. Wir sind rechtzeitig auf den Irrtum aufmerksam geworden und haben die letzten Minuten auf europäischem Boden mit einem Deutschen verbracht, der dort Verwandte besucht. (Es ist wirklich unglaublich, wie viele Deutsche und Österreicher in Ghana sind.)

Der Flug dauerte sieben Stunden und gab uns Gelegenheit ein paar Luftaufnahmen zu machen.
Um euch die ewig gleichen "Flugzeug-Photos" zu ersparen, ein kleiner Vergleich...

Europa:


Afrika (genauer, die Sahara):


Die Einreise nach Ghana war problemlos (trotz hochprozentiger Geschenke und Speck im Rucksack). Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit waren das Empfangskomitee.
Willkommen Ghana!

Patrick, der Vor-Volontär hat uns trotz Malaria abgeholt und ist mit uns nach Ashaiman gefahren, damit wir mit ihm gemeinsam noch ein paar Formalitäten (Passkopie und Einreise-Gesundheits-Check) zu erledigen.

Auch wenn die in Ghana keine architektonischen Meisterleistungen vollbracht werden, die Schönheit und vor allem Vielfältigkeit der ghanaischen Natur kann sich sehen lassen.
Die Farben reichen von knalligem Gelb, über grelles rot bis zu sattem Violett.


Den ersten Dämpfer für die Ghana-Euphorie gab es im öffentlichen Krankenhaus, in dem wir unseren Gesundheits-Check gemacht haben. Das Krankenhaus war dunkel, heiß, feucht und beengend. Die Warteschlangen gingen bis zur Eingangstür des Spitals. Davon habe ich keine Fotos gemacht.
Die Fahrt nach Sunyani hat sieben Stunden gedauert und war abhängig vom Straßenzustand mehr oder weniger angenehm. Die Landschaft ist am besten mit Busch zu beschreiben. Also kein Urwald und auch keine Steppe, eher einer Savanne ähnlich, mit größerem Baumanteil.
Jetzt wenige der vielen Fotos, die während der Fahrt gemacht wurden.


Wir fahren aus Accra hinaus, die Ziegen gehen hinein. Ziegen sind in Ghana weit verbreitet. Kühe sind eher selten anzutreffen und Pferde so gut wie gar nicht (ich glauben, ich habe zwei Pferde gesehen, aber ich bin mir nicht sicher). Neben den Ziegen werden hauptsächlich Hühner gehalten.

... Anschauungsmaterial als Wiedergutmachung für meine stümperhaften Versuche, die Umgebung zu beschreiben.

Das hier ist einer der schöneren Straßenabschnitte. Das liegt daran, dass nur wenige Autos darauf fahren. Die Straßen verlaufen oft schnurgerade durch den afrikanischen Busch.


LKWs mit Pannen, Autowracks und Müll gehören genauso ins Landschaftsbild von Ghana wie Palmen, exotische Gewächse und die rote Erde.


Noch einmal ein Panoramaphoto, um die Dauer der Fahrt zu betonen. Es ist zu erkennen, dass sich die kleine Ghanaflagge stark nach links und rechts bewegt... so wie die Insassen.


Bunte, einstöckige Hauser die mit grellen Farben bemalt als Werbeträger dienen, sind üblich. Für gewöhnlich sind in solchen Gebäuden Shops und Wohnungen nebeneinander eingerichtet. Das gelbe Gebäude im Hintergrund ist ein Shop von MTN, einem der großen Mobilfunkanbieter Ghanas. Auch behelfsmäßige Konstruktionen wie der Antennenmast in diesem Bild oder "Eigenkreationen" als Bremsen für Fahrzeugen sind Standard und für die Betroffenen kein Grund zur Besorgnis.


Angekommen! Das ist mein Zimmer. Sobald Marian und Ludwig kommen, ist es ein Doppelzimmer. Noch sehen die Wände leer aus, aber das wird sich sicher von alleine ändern.

Das Projekt selbst ist von einer großen Mauer umgeben und von drei Wachleuten bewacht, da es schon öfters Probleme mit Dieben gab. Vor allem die Felder der Agrarkultur-Abteilung sind davon betroffen gewesen. Innerhalb der Mauern befinden sich die Bungalows der Aspiranten (angehende Salesianer), der Novizen (noch immer angehende Salesianer), der Volontäre (wahrscheinlich keine angehenden Salesianer) und des Vize-Direktors. Außerdem sind noch zwei Schulgebäude am Gelände, in denen sich die Computerräume (inzwischen 60 funktionierende PCs), das EDV-Labor, Klassenräume, Verwaltungsräume und Werkstätten der Metallverarbeitungsabteilung und der "Graphics and Art"-Abteilung befinden. Neben der Schule sind noch Unterkünfte für die Schüler, einen Kantine und ein Lager in spe. Da ich keinen Plan habe, muss ein Foto von meinem "Schulweg" (Bungalow -> Schule) reichen

Ich habe auch ein paar Photos vom Volontärsbungalow gemacht



Natürlich mit österreichischer Flagge, die aber leider der eines populären Fußballclubs gleicht und darum oft verschwindet. Außerdem ist Flagge wichtig um das Bungalow zu erkennen, da alle gleich aussehen und ich schon oft falsch abgebogen bin.

Die Terrasse, mit bequemen Sitz- und Hängegelegenheiten (die Hängematte ist hinter der Wäsche)...


Die Hängegelegenheit in ihrer praktischen Anwendung!

Inzwischen war ich viel in Ghana herum. Alles in allem wir ich in Accra, Ashaiman, Odumase, Sunyani, Berekum, einem Buschdorf mit dem Namen (wortlaut) Techakrom. In 10 Tagen. Reisen ist in Ghana einfach etwas Alltägliches.

In Berekum gibt es ein Spital in dem ein ehemaliger Schüler das Netzwerk betreut. Beim Besuch haben wir mit ihm ein bisschen gefachsimpelt und einen deutschen Medizinstudenten getroffen, der dort sein Praktikum macht. Die Einsichten ins Gesundheitssystem Ghanas sind sehr interessant gewesen. So ist in Ghana eher die Symptombehandlung und weniger die Ursachenbehandlung Standard, da oft die nötigen Geräte zur Diagnose fehlen.

Techarkrom (leider weiß ich nicht wie man es genau schreibt), ist ein Buschdorf, das man erst nach zweistündiger Fahr erreicht. Auf dem Weg dorthin, haben wir noch eine polnische Volontärin mitgenommen. Dabei haben wir diese seltsamen "Flamingos" gesehen


Die "Straße" besteht aus mehr Löchern als Straße und der Pickup tut sich bei machen Steigungen wirklich schwer. Die Leute, die dort zur Kirche pilgern brauchen oft den ganzen Tag für den Weg. Darum sind Plätze im oder am Auto heiß umkämpft. Im Dorf selbst scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Kein Strom, kein fließendes Wasser, nur Trampelpfade und die Kirche als einziges aus Beton gebautes Gebäude.

Da die Dorfbewohner weder Englisch noch Twi (die Alltagsprache in der Gegend des Projektes) sprechen, übersetzt ein Prediger das die in Englisch gehaltene Messe in die dortige Sprache.
Die Messe wurde von schnellen, lebhaften Rhythmen und lauten Gesängen begleitet.

Obwohl die Menschen in solchen Dörfern sehr arm sind, besitzt jeder eine außerordentlich schöne und gut gepflegte "Sonntagsgarnitur". Alle jungen Mädchen tragen bis zu ihrer Reife kurze Haare.

Für die Kinder waren wir Weißen (auf Twi: Obruni) eine echte Sensation. Viele von ihnen haben noch nie jemanden mit so heller Haut gesehen, geschweige denn eine Digitalkamera zu Gesicht bekommen. Darum sind sie zu Beginn sehr schüchtern, bauen aber sehr schnell Vertrauen auf, wenn man sich ein bisschen mit ihnen beschäftigt. Die Hände vorm Mund verbergen ein Lächeln.
Auf dem Rückweg haben wir wieder viele Leute mitgenommen.
Auch wenn wir keine körperlichen Anstrengungen unternommen haben, waren wir müde und ausgelaugt und habe den Nachmittag im Projekt verbracht.

Gestern, am 27.8.2008 ist im Projekt ein Volontär aufgetaucht, der vor zehn Jahren als Tischlerlehrer mitgewirkt hat. Sein Name ist Michael und er hat gemeinsam mit seiner Frau Simone Ghana bereist.

Nach zehn Tagen, habe ich zwar nach wie vor nur wenig Erfahrung und Ahnung von Ghana, aber überall schwingt diese gewisse Aufbruchsstimmung mit, die unglaublich motivierend und erfrischend ist.

Montag, 4. August 2008

Wie, Was, Wo, Wer?

Neuer Abreisetermin: 18. August 2008

Wahrscheinlich werde ich mit Martin (einem angenehmen Zeitgenossen aus Kärnten) gemeinsam abfliegen um noch ein paar Tage mit Patrick (sein Blog ist unter "heiße links" zu finden) zusammen in Ghana zu sein, damit der Einstieg leichter ist und wir die Projektstrukturen erklärt bekommen. Das ist auch ein wesentlicher Grund für meine Entscheidung, den Zivilersatzdienst mit Jugend eine Welt zu machen.

Was aber braucht man alles für einen gelungen Einsatz?

Jugend eine Welt - die Trägerorganisation:

* Jugend eine Welt ist eine non-profit Organisation die das Spendengütesiegel hat und die mit dem Salesianerorden zusammenarbeitet.

* Als Volontär darf man nicht mit finanziellem Gewinn rechnen. Der Einsatz wird über Spenden finanziert, um die sich der Volontär kümmern muss. Die Gesamtsumme der Spenden sollte im Optimalfall um die 5000€ (oder mehr) betragen. Wird dieses Ziel nicht erreicht, so ist man nicht verpflichtet für die Fehlbetrag aufzukommen.
ALLES BASIERT AUF FREIWILLIGER BASIS!
Auch wenn andere Organisationen vergleichsweise bessere (finanziell gesehen) Angebote haben, so bereue ich die Entscheidung meinen Zivildienst mit Jugend eine Welt zu machen keine Sekunde. Auch wenn das Fundraising (schöner Ausdruck für Spendensammeln) oft entmutigend und anstrengend ist, lernt man dabei sehr viel, trifft viele neue Menschen und verbreitet die Idee des Volontariats.

* Nach dem Motto "Bildung überwindet Armut" unterstützt Jugend eine Welt vor allem Projekte, die sich benachteiligten Jugendlichen und Kindern widmen. Die einzelnen Projekte bieten je nach Schwerpunkt Bildung und Freizeitgestaltung. Diese Ideologie ist von den Lehren Don Boscos abgeleitet, der zu seiner Zeit Vorreiter auf dem Gebiet der Pädagogik und der Sozialarbeit mit Jugendlichen war.

*Jugend eine Welt ermöglicht nicht nur Zivilersatzdienern einen Einsatz sondern auch Mädchen.

* Auch wenn die Einsatzländer wie Ghana, Mexico, Peru, Sambia auf viele Eltern abschreckend wirken, so ist ständig für ein sicheres Arbeitsumfeld gesorgt, solange sie die Volontäre an die dortigen "Spielregeln" halten.

*Jugend eine Welt erledigt den Großteil der organisatorischen Arbeit (Flug buchen, Versicherung, Kontaktvermittlung, Vorbereitung, ...) für den Volontär. An diesem Punkt möchte ich Steve danken, der konstant ein enormes Arbeitspensum bewältigt um den Volontären einen reibungslosen Einsatz zu ermöglichen.

DANKE, Steve!

Die Vorbereitung:

Die Vorbereitung läuft wie folgt ab:

*Es gibt einen Herbst- und einen Frühlingskurs, an dem man je nach Zeit teilnehmen muss. Die Kurse bestehen aus 3 Wochenenden. Wochenende 1 behandelt Themen wie Motivation, "Jugend eine Welt" und gibt einen groben Überblick über den Ablauf des Volontariats. Wochenende 2 behandelt die Themen Gesundheit und Finanzielles. Wochenende 3 konzentriert sich auf Abschied und fasst das bis dahin Besprochene noch einmal zusammen.

*Zusätzlich wird noch eine "Entwicklungspolitische Woche" abgehalten, die sich mit den Themen Wirtschaft, Öffentlichkeitsarbeit, Armut, Kommunikation und Konfliktbewältigung beschäftigt.

Natürlich kommen bei all diesen Veranstaltungen der Spaß,
das Beisammensein und die Freundschaft nicht zu kurz.


Der Volontär:

*braucht Herz
*soziales Engagement
*Motivation
*gegebenenfalls die nötige Ausbildung für einige Projekte
(zum Beispiel: fundierte EDV-Kenntnisse für das Projekt in Sunyani/Ghana.
*Teamgeist

Der Einsatz:

*Für gewöhnlich dauert ein Einsatz ein Jahr lang. Es ist, abgesehen von Notfällen, nicht vorgesehen, dass ein Volontär in dieser Zeit in das Heimatland zurück reist. Der Besuch der Familie im Einsatzland hingegen ist eine tolle und aufregende Erfahrung für alle Beteiligten.

* Das Land in dem der Einsatz stattfindet wird je nach Ausbildung, Sprachkenntnis und wenn möglich nach persönlicher Präferenz ausgewählt. Auch wenn einige Volontär nicht in das Land kommen, das sie sich gewünscht haben, so ist bis jetzt jeder reich an Erfahrung aus
dem Einsatzland ausgereist.

Die Rückkehr:

darf natürlich nicht fehlen ;)

*Auch hier wird der Volontär noch betreut und letzte formale Dinge werden noch erledigt.
*Ein Ende in dem Sinn gibt es nicht. Nach dem Einsatz kehren die meisten Volontäre aus eigenen Stücken immer wieder zu Jugend eine Welt zurück um die nächste Volontär-Generation zu unterstützen oder sich mit den ganzen netten Leuten die man dort kennen lernt zu treffen.