Freitag, 24. Oktober 2008

Da sich mein Blog wie der Reisebericht eines All-inclusive Urlaubs liest...

komme ich jetzt mal auf das Thema Schule, Schüler/Innen und Unterricht zu sprechen (besser: zu schreiben).

Hier ein Abschnitt, den ich am 21.9.2008 verfasst, aber damals nicht veröffentlicht habe.

"Auch wenn Ghanaer nicht den Ruf haben besonders zuverlässig zu sein, so sind sie zumindest hoch motiviert. In Ghana, wo Bildung eine Geldfrage und (trotz Schulpflicht) nicht selbstverständlich ist, wird Bildung durch den damit verbundenen Wohlstand zum höchsten Gut der Jugendlichen. Die Schüler schlafen im Unterricht (einige weil sie zu lange wach gewesen sind, einige, weil sie Muslime sind und gerade fasten, was den Körper oft stark belastet, da von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang weder gegessen noch getrunken wird) und trauen sich kaum, kritische Fragen zu stellen. Die Lehrbücher der Vorjahre sind auf dünnem Papier gedruckt, das oft von alleine zerfällt oder sogar falsch gebunden ist. In den Büchern selbst sind nur Beispiele und Übungsangaben, aber nur wenige Bilder oder Erklärungen enthalten. Außerdem ist der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen - was das Lernen betrifft - gewaltig. Zum Einen liegt das sicher am Unterrichtsfach „Computer Technology 1“, das eindeutig eine Männerdomäne ist, zum Anderen sicher an der Gesellschaft, in der Männer bevorzugt werden. Während die Jungen in Mathematik sofort die Aufgabenstellungen an der Tafel diskutieren, sind die Mädchen oft still und geben erst nach dem Unterricht bekannt, dass sie nichts von der ganzen Stunde verstanden haben. Ich hoffe, das legt sich mit der Zeit."

Jetzt, ein Monat später, ist es ganz interessant, wie sich meine Ansichten geändert haben.

Zuverlässigkeit: Es stellt sich nicht die Frage OB etwas gemacht wird. Die Frage ist WIE und WANN etwas gemacht wird.

Schlafen im Unterricht: Kommt hin und wieder vor, ist aber ab Ende der Fastenzeit besser geworden. Wenn jetzt Schüler im Unterricht schlafen, sind sie meistens dabei sich von Malaria auszukurieren. Das Fernbleiben vom Unterricht wegen Krankheit muss vom Lehrer und vom Direktor genehmigt sein.

Fragen im Unterricht: Ich habe nach Unterrichtsende eine 60 minütige "girls-only-class" eingerichtet, da beim ersten Hardwaretest das beste Mädchen immer noch schlechter als der schlechteste Junge war. Ich werde bald sehen, ob diese Stunden von Nutzen sind, da der Test wiederholt werden muss. Beim Mathematiktest war das Gefälle nicht mehr so schlimm, obwohl auch bei diesem Test die einzigen, positiv beurteilten, Schüler männlich waren. Ich glaube, die Schüler fangen langsam an, am Unterricht aktiv teilzunehmen.

Gesellschaft: Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die ghanaische Gesellschaft von Männern dominiert wird. Aber ich glaube, dass die Rolle der Frauen im System stärker ist, als es scheint. Viele der Mädchen arbeiten in Unterricht selbständig und lassen sich von den Jungen nichts sagen. Es gibt das treffende ghanaische Sprichwort: "Die Henne weiß zwar, wann die Sonne aufgeht, lässt den Hahn aber krähen."

Wie schaut meine Arbeit bzw. mein Tag jetzt aber konkret aus?

5:45-6:15 : Aufstehen
Hier kommt es zu regelmäßigen Auseinandersetzungen zwischen mir und meinem Moskitonetz; es ist einfach viel zu groß!

6:15-7:15 : Morgenrituale, Hirn einschalten
In Ghana fängt der Tag an bevor die Sonne aufgeht. Schüler trainieren verschiedene Sportarten oder treffen Vorbereitungen für den Tag (Essen kochen). Auch wir widmen uns der körperlichen Ertüchtigung indem wir 2 Runden um die Projektmauern laufen oder ein paar Runden am Fußballplatz drehen. Das Frühstück besteht meistens aus Ananas, Orangen, Reis, Erdnusscreme, Marmelade und Brot, hin und wieder auch Eierspeise mit Paprika und Tomaten. Gegen 7:15 kommen dann meistens Schüler vorbei und fegen das Gelände rund um unser Haus (wir wohnen
auf dem Schulgelände). Das ist immer das Ende der morgendlichen Beschaulichkeit, da die Schüler gut durch die Fenster sehen können und sofort Konversation betreiben wollen. Für mich ist das die falsche Zeit.

8:00-8:30 : Morningassembly
Das Morningassembly ist ein Überbleibsel der englischen Kultur. Es wird gebetet, gepredigt und gesungen, danach gibt es noch ein paar wichtige Verlautbarungen und dem Unterricht steht nichts mehr im Wege.

8:30-15:00: Unterricht
Ich unterrichte 18 Wochenstunden ausschließlich CT1 (das ist die erste Klasse des "Computer Technology" Kurses). Die Stunden sind gleichmäßig auf Hardware (generelle Theorie), Lab (praktischer Teil von Hardware), Mathematik (Prozent, Brüche, Kopfrechnen, Zahlensysteme bis jetzt) und Operating System (Installation/Konfiguration von Windows XP). Eine Unterrichtseinheit hat 45 Minuten und anschließend 5 Minuten Pause.

16:00-17:30: Sport
Fußball, Volleyball, Basketball oder Hausaufgaben verbessern... es bleibt die Qual der Wahl!

18:00-19:00: Abendessen
Es wird immer heiß gegessen. Die Vorstellung, dass ein ausgiebiges Frühstück das Wichtigste ist und das Abendessen eher klein portioniert sein sollte, findet in Ghana nicht viele Anhänger.

21:00-22:30: Sendepause
Gegen neun nehme ich mir dann vor ins Bett zu gehen. Das schaffe ich dann auch so rund um zehn. Waschen, kleine Vorbereitungen für den nächsten Tag und ein paar Zeilen Lektüre dann wird das Licht ausgemacht. An diesem Punkt möchte ich erwähnen, dass es in Ghana erlaubt ist, die Nachbarn zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Musik/Gesängen/Vorträgen zu beglücken. Leider habe jene Personen, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, auch entsprechend große Lautsprecher.

In Ghana ist es wirklich wichtig einen geregelten Tagesablauf zu haben (eigentlich ist das immer wichtig) ansonsten fällt man schnell aus der Bahn. Selbiges gibt auch für die Mahlzeiten.

Ich verspreche jetzt einfach mal nicht Photos nachträglich einzufügen,
da das wahrscheinlich eine glatte Lüge wäre. Vielleicht kommt doch noch eine positive Überraschung...

Montag, 13. Oktober 2008

Schwestern, Strand und Sklaven

Hin und wieder ist es gut aus der Schule (in der wir auch leben) raus zu kommen und ein bisschen Abwechslung zu haben, um dann wieder voller Enthusiasmus in den Alltagstrott verfallen.

Freitag um Mitternacht ging die Tour nach Cape Coast/Elmina mit einem gemieteten Trotro los.

Natürlich waren wir rechtzeitig um Punkt 12 (in der Nacht) da... also nach "ghana-time" zirka eine Stunde zu früh!


Nachtfahren ist immer mit einem gewissen Nervenkitzel verbunden. Am Tag fahren ist aber auch nicht langweilig.

Die Fahrt dauerte zirka 6 Stunden, ehe wir (Martin, Ludwig, ich und Lehrer des DBVTI sowie Father Peter, der Direktor dieser Schule) bei Franziskaner Schwestern kurz Station gemacht haben, um mit ihnen gemeinsam eine Messe zu zelebrieren und Frühstück zu uns zu nehmen.

An der Größe der Augenringe kann man leicht die Anzahl der Schlaglöcher erraten.

Nach dem Frühstück wurde dann der körperlichen Ertüchtigung gefrönt.

Die Franziskaner Schwestern sind in diesem Fall drei polnische Frauen, die ihr Leben ganz der Religion widmen und in einem abgeschiedenen Kloster leben.
Nach Dank und Verabschiedung haben wir den in Nähe befindlichen Kakum-Nationalpark besucht. Auf der Fahrt dorthin habe ich noch mal ein paar Häuser abgelichtet, die für Ghana typisch sind.


In ganz Ghana werden Häuser gerne als Werbeträger benutzt. So bekommt man die Farbe günstiger und verpasst dem Gebäude einen netten Anstrich...


Dieses Haus ist der Stereotyp des "ghanaischen" Baustils:
- ein leichter Kolonial-Touch (viele Säulen, aufwändige Geländer und Balustraden)
- alles wird aus Beton gebaut
- viele Häuser werden nicht fertig gestellt, oder erst sehr spät, sodass jedes Stockwerk anderes aussieht
- TV- und Radioantennen auf Bambusrohren (bei diesem Haus am Dach montiert)

Zurück zum Nationalpark.

Das Beeindruckende an diesem Park waren die Hängebrücken die Meter hoch über dem Boden gespannt sind und sein Klima. Im Regenwald regnet es einfach jeden Tag, während im Rest von Ghana Trocken- und Sommerzeit herrschen. Bei der Abfahrt sind wir aus strömenden Regen in prallen Sonnenschein gefahren.

BEDIWONUA - canarium schweinfurthii
Dieser Baum hält Moskitos auf Distanz und wird zur Parfumproduktion benutzt, da das Holz einen angenehmen Duft verströmt, sobald man es reibt. Dem Duftstoff wird aphrotisierende Wirkung nachgesagt, weshalb der Baum (übersetzt) "Vor-Sex-Baum" heißt.

Recht neben dem Baum (leider kein Foto und kein Name) wuchsen zwei andere Bäume derselben Art, wobei einer (laut Wärter) männlich und einer weiblich war. Der männliche Baum wird benutzt, um die (englisch) pistol oder (twi) womma herzustellen. Der weibliche Baum wird dazu benutzt, den (englisch) mortar oder (twi) wudru zu fertigen. Pistol und mortar werden dazu benutzt, Fufu zu stampfen (siehe älteren Eintrag). Der wudru ist die Holzschüssel und die pistol ist der dicke Stab der zum stampfen benutzt wird.



Die hohen Hängebrücken, die oft ein gewissen Gottesvertrauen erfordern.


Zum Thema Wald: Auch in Ghana werden die Wälder immer kleiner, obwohl Ghana im Bereich Nachhaltigkeit sogar erste schon erste Schritte in die richtige Richtung macht. Das Holz in Ghana, ist stets von bester Qualität. (Für den Gebäudebau wird jedoch Bambus benutzt). Tiekholz wächst überall wie Unkraut. Außerdem finden viel der Bäume Anwendung in der Medizin (ich habe einen Baum gekostet, dessen Zweige zum Zähneputzen verwendet werden und den Mund desinfizieren. Dementsprechend bitter schmeckt's auch.) oder werden zur Parfüm verarbeitet.

Weiter ging es nach Fort Elmina, wo wir mit einer geführten Tour ein bisschen Geschichte vermittelt bekommen haben. (Auch wenn ich kein Freund solcher "guided tours" bin, muss ich gestehen, dass ich diese Führung sehr genossen habe da ich ein paar Dinge erfahren habe, die in keinem Reiseführer steht). Die Geschichte dieses Ortes ist genauso tragisch wie blutig. Was ursprünglich als Warenhaus gebaut worden ist, ist für den Sklavenhandel umfunktioniert worden und ist heute Touristenattraktion und UNESCO-Weltkulturerbe.

Wer mehr erfahren will, kann auf Wikipedia über Cape Coast und Elmina nachlesen.

Dieses Kommentar kündigt an, dass für die nächsten Fotos keine Kommentare zu erwarten sind.











Dieses Foto zeigt mich und Agogo (sein echter Name ist Evans, aber durch seine Ähnlichkeit zu einem populären Fußballspieler, wird er nur noch Agogo genannt).

Danach war endlich Entspannen angesagt: ein herrlicher Strand, sauberes Wasser und gutes Essen (der Fisch ist phänomenal. Und ich esse eigentlich keinen Fisch.)
Nachher ging's zurück ins Projekt um den Sonntag für die Vorbereitung zu nutzen.

Samstag 00:00 – Sonntag 01:00 = 25 Stunden
2 x 6 Stunden Fahrt = 12 stunden
13 Stunden für Fort Elmina/Freizeit/Besuch der Franziskaner Schwerstern/Nationalpark

Vom Strand gibt's leider nicht so viele Fotos, weil wir mit Schwimmen und Schlemmen beschäftigt waren.

Zurück in den Alltag.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Buying Bikes in Berekum

Seit ich hier bin, habe ich mir vorgenommen ein Fahrrad zu kaufen.
Nach über einem Monat habe ich es geschafft.
In Ghana ist das Einkaufserlebnis ganz anderes als in Europa:

1 Es gibt keine Kaufhäuser oder Supermärkte, die alles anbieten. Man muss von Stand zu Stand, von Marktbereich zu Marktbereich oder sogar von Stadt zu Stadt pilgern. Für Fahrräder, zum Beispiel, ist Berekum die richtige Wahl. In Sunyani gibt es zwar auch Räder, die sind aber oft in schlechtem (besser: schlechteren) Zustand und teurer.

Das hier ist eine Aufnahme vom "wednesday market" in Sunyani. Man kann auch an anderen Tagen einkaufen gehen, aber am Mittwoch ist am meisten los.

Diese Handtücher sehen zwar nett aus, aber ein großes, weiches Frottierhandtuch ist hier nicht zu bekommen.

2 Die Preise sind nirgendwo angeschrieben. Das heißt man muss ganz genau wissen, was die Ware wert ist. Für Weiße gibt’s daher hin und wieder „Sonderpreise“. Eigentlich kommt es immer darauf an, was dem Käufer die Ware wert ist. Für Waren wie Wasser, Brot, Seife, Öl und andere Dinge des täglichen Bedarfs hingegen gibt es kaum Preisunterschiede. Ein halber Liter Wasser wir immer 5 Pesewas kosten, ein mittlerer Laib „sugar bread“ immer 1 GhanCedi.

3 Rabatt oder Vergünstigungen werden kaum gegeben. Dafür bekommt man oft ein kleines „Geschenk“ wie beispielsweise eine Hand voll Zwiebeln, wenn man Zwiebeln kauft. (Somit läuft es wieder auf das Gleich hinaus.)

4 Preise für Früchte schwanken je nach Saison stark.

5 Fleisch ist mit Abstand das teuerste Nahrungsmittel. Die Kosten für die Kühlung dach dem Kauf sind auch zu berücksichtigen.

6 Lokale Produkte und Waren, die im Inland produziert worden sind, sind (im Vergleich zu Europa) billig. Alle Importwaren und Qualitätswaren sind vergleichsweise teuer oder gar nicht zu haben. Laptops und Autos sind teuerer als in Europa.

7 Einkaufen ist eine zeitintensive Angelegenheit. 3 Stunden sind nach eigener Erfahrung pro Einkaufstour einzurechnen.

8 Garantie und Gewährleistung… vermisse ich genauso wie Schwarzbrot und Milchprodukte.

9 Bei jedem Kauf ist die Ware sofort zu prüfen. Gekauft ist gekauft. Das macht den Fahrradkauf zur TÜV-Kontrolle. Bremsen funktionieren? Schaltung funktioniert? Reifen sind in gutem Zustand?

Wie man's richtig macht zeigen die folgenden Abbildungen



Das ist übrigens auch das Fahrrad, das ich mir gekauft habe.


10 Bezahlung: Ein leidiges Thema, da in Ghana notorischer Kleingeldmangel herrscht. Ich gehe hin und wieder zur Bank und lasse mir 5 GHC in Münzen wechseln, damit ich Wasser (5Pesewas), Essen (20-50 Pesewas in der Kantine) und Taxis (35 Pesewas) zahlen kann.

Neben dem Einkauf haben wir auch noch Newton's Familie besucht (er ist ein ehemaliger Schüler der Don Bosco Schule und arbeitet in Berekum in einem Krankenhaus) und einen kleinen Rundgang durch Berekum gemacht.

Dieses Foto zeigt Ludwig, der für die professionellen Bilder auf meiner Webseite verantwortlich ist.

Hier ein Foto das den Familienvater zeigt. Da alle Häuser noch einen leichten Kolonial-Touch besitzen, haben viele der Gebäude sehr interessante Innenhöfe.



Zurück zu den Fahrrädern;
Ein Fahrrad in gutem Zustand (Bremsen und Schaltung funktionieren) kostet rund 60 bis 70 GHC. Generell gibt es kein Fahrrad das einwandfrei ist. Man wählt eben das geringste Übel und versucht es zu reparieren. (Ghanaer haben freundlich gesagt einen sehr „lösungsorientierten“ Zugang zu Problemen und drücken gern mal ein Auge zu, wenn etwas nicht funktioniert.)
Somit dauerte der Fahrradkauf geschlagene 2,5 Stunden, da jedes Rad genau inspiziert werden musste und dann auch noch der Preis verhandelt werden musst.
(Ich habe übrigens unter „Heiße Links“ einen Währungsumrechner verlinkt.
Da so viele Währungen verzeichnet sind, ist es das Einfachste, einfach die Anfangsbuchstaben der Währung einzutippen, wenn das Auswahlmenü offen ist. In diesem Fall gh und eu für GhanaCedi und Euro.)

Danach wollten wir eigentlich mit dem Fahrrad von Berekum nach Sunyani heimfahren, aber wir haben uns aufgrund der Zeit (es war bereits später Nachmittag) und unserer körperlichen Verfassung glücklicherweise dagegen entschieden. Dafür hatten wir als willkommene Abwechslung ein schönes Wochenende in Berekum.


Sonntag, 21. September 2008

Ghanaer kommen mit den Füßen voran auf die Welt

Ghana hat circa 22,5 Millionen Nationalspieler. Ich glaube nicht, dass irgendeine andere Nation so Fußballverrückt ist wie Ghana. Überall stehen provisorische Tore und Fußballtrikots gehören wie das Handy zur Standardausrüstung eines jeden Ghanaen. Beim Fußballspielen (jeden Nachmittag außer Mittwoch, da ist Markttag in Sunyani) hat man als Europäer kaum Chancen positiv aufzufallen. Die Ghanaer sind schneller, wendiger, ausdauernder und mutiger. Und wer nicht am Feld steht, beiteiligt sich aktiv als Linienrichter.

Der Unterschied zwischen afrikanischem Fußball und westlichem Fußball ist, dass Taktik und Aufstellung in der afrikanischen Spielvariante ausschließlich formalen Wert haben und ein Rückpass von allen Spielern am Feld mit verärgerten Zurufen quotiert wird.
Auch wenn ich als Spieler eher der gegnerischen Mannschaft nützlich bin, werde ich weiterhin versuchen hin und wieder den Ball im Spiel zu berühren (bis jetzt sind 4 Berührungen pro Spiel mein Rekord). Hier drei Fotos um die ghanaische Spieldynamik zu veranschaulichen;


Bei diesem Foto bitte zu beachten, dass der Spieler keine Schuhe trägt und trotzem sehr energisch zum Schuss ansetzt.

Nach Fußball sind (mit großem Abstand) Basketball und Volleyball sehr beliebte Sportarten, die am Don Bosco Vocational/Technical Institute mit Eifer betrieben werden. Zum Glück bin ich in diesen Sportarten erfolgreicher. Doch für Fußball gilt nach wie vor:

Immer dem Ball nach!
Waidmanns Heil!

Begräbnis

Vor einer Woche (13.9) wurden wir von einem Lehrer des Don Bosco Vocational/Technical Institute zum Begräbnis seines Stiefvaters eingeladen. Begräbnisse finden generell an Freitagen und Samstagen statt (auch Sonntags, wenn es um eine wichtige Person geht und die Festivität 3 Tage dauert) und haben nur geringe Ähnlichkeit mit unseren Begräbnisriten.

Neben Schwarz ist auch Rot eine Farbe der Trauer. Andere Farben kommen aber dennoch vereinzelt vor. Als wir um 13:30 ankamen (die Feier fand in der Nähe von Kumasi statt) waren wir viel zu früh. Normalerweise fangen Begräbnisse erst um 14:00 oder 15:00 an.


Das offizielle Prozedere ist wie folgt:

man findet den Ort des Geschehens

man wird von einem Familienmitglied empfangen

das Familienmitglied führt dich zu allen Sitzgruppen des Begräbnisses und schüttelt allen Personen, die in der ersten Reihe sitzen, die Hand mit der Auforderung du sollst es ihm/ihr gleichtun (durch diesen Vorgang schüttelt das Familienmitglied bei jeder Ankunft von neuen Gästen allen Personen noch mal die Hand); nun ist man allen Gästen vorgestellt worden. Das folgende Bild zeigt, wie das abläuft

man sucht sich einen netten Platz im Schatten und wandert alle 10 Minuten dem Schatten hinterher, der durch die Sonnenbewegung ständig den Ort wechselt. Bei 300 Personen, die alle dem Schatten folgen entsteht dadurch sehr „bewegende“ Momente

irgendwann wird man aufgefordert sich in eine Art Speisesaal zu begeben (diesmal ein leeres Klassenzimmer), um sich mit Getränken und warmen Essen zu stärken; um zu verhindern, dass die Gäste Getränke nach Hause mitnehmen, darf der Speiseraum nur betreten werden, wenn man an der Reihe ist

man nimmt wieder an der allgemeinen Schattenjagd teil

die laute Musik wird hin und wieder von Sprechern unterbrochen, die vorlesen, wie viel Geld von welcher Person gespendet wurde, um die Familie bei den Unkosten der Begräbnisses zu unterstützen

man geht

Es ist zu sagen, dass sich die Bräuche im Norden Ghanas stark von den Bräuchen in Süden unterscheiden. Ich wurde sogar schon auf ein Fest im Norden eingeladen und werde sobald wie möglich davon berichten. Was sie beide gemeinsam haben ist, dass sie wesentlich fröhlicher und lockerer als in Europa ablaufen.

Animal Farm

George Orwell lässt grüßen.
Diesmal geht es aber nicht um hochpolitische Satire, sonder um einfache Tiere ohne irgendwelche ideologischen Motivationen.
In Ghana ist die Ziege (knapp gefolgt vom Schaf) das populärste Nutztier der Ghanaer. Sie fressen alles und sind widerstandsfähig. Wer keine Ziegen besitzt, bekommt leider nur die negativen Aspekte (unglaublich laute Verdauungsgeräusche, den unverkennbare Geruch und dezent platzierte Auscheidungsanhäufungen vor der Haustüre) mit. Leider zählen die Volontäre zur Gruppe der unglücklichen „Ziegen-Nicht-Eigentümer“.
Dafür sind wir seit 18.9. stolze Versorger vierer Katzenbabies, die uns von unserer Katze und einem anonymen Kater geschenkt wurden.

Außerdem bekommen wir seit einiger Zeit ( ca. 17.9) unregelmäßigen Besuch von einem Affen, der dem Noviziat entlaufen ist und seit dem die Ziegen ärgert (sehr zu meiner Freude) und auch uns hin und wieder besucht (weniger zu meiner Freude, da er ziemlich fest zubeißen kann).

Da in unserem Bungalow kein Platz mehr für einen fünften Affen ist, wollten wir ihn mit Wasser vertreiben.

Leider hat die Umsetzung des Plans seitens des Affen nicht funktioniert und er ist noch ein Weilchen geblieben. Irgendwann ist ihm langweilig geworden und er ist (zu den Ziegen) gegangen.
Während wir uns mit Territorialstreitigkeiten beschäftigen, spielen sich direkt unter unseren Nasen wirkliche Dramen ab.
In diesem Fall hat eine Spinne (kulinarischen) Gefallen an einer kleinen Eidechse gefunden und prompt beschlossen, das hilflose Reptil kopfüber mit einem Faden in das Netz zu hieven. Die Stärke der Spinne und ihrer Fänden ist unglaublich.


Soviel zur Fauna rund um unser Bungalow. Die Flora (4 frisch gesetzte Ananaspflanzen) leidet derweil unter den frei herumlaufenden Ziegen und muss zusehen, das sie die kommende Trockenperiode überlebt.

Samstag, 20. September 2008

einmonatiges Ghanajubiläum

Mit 4 Tagen Verspätung, veröffentliche ich meinen Jubiläumspost. Wer bis jetzt zu faul war, Text zu lesen und nur Bilder geschaut hat, bekommt eine kurze Zusammenfassung:

-18.8: Abflug
-24.8: Buschmesse in Techakrom
-1.9 bin 3.9: Ausflug nach Lake Bosomtwe
-8.9 bis 12.9: Malaria
-14.9: Buschmesse
-16.9: Schulbeginn
-19.9: Heimkehr von Patrick (leider mit Regen)
-20.9: dieser Post

Mir kommt es vor, als hätte ich eine Woche in Ghana verbracht, aber der Umstand, dass schon ein Monat vorbei ist, erschreckt mich. Ich bin nach wie vor hoch motiviert, 3 Kilogramm leichter (mir geht es gut!) und kann mir inzwischen fast alle Namen und die dazugehörigen Gesichter merken.

Ich hoffe, dass ihr nicht zu sehr friert (ich habe angenehme 25-30°C wobei es in der Nacht abkühlt) und dass es euch abgesehen von den Temperaturen gut geht!

Benni

Mittwoch, 17. September 2008

Mein erster Tag in der Schule

Der Unterricht fängt für gewöhnlich um 8:30 an und dauert bis spätestens 15:00, wobei eine Unterrichtseinheit 45 Minuten dauert und immer 5 Minuten Pause zwischen den Stunden sind. Die Mittagspause dauert 50 Minuten und gibt Gelegenheit sich in der Kantine mit (akzeptablem) Essen zu versorgen (von 20 Pesawa bis 1 GhanaCedi). Angeboten werden Reis, Salat, Banku, Fisch, Saucen und Getränke. Schüler und Lehrer essen getrennt und werden an verschiedenen Schaltern bedient. Das Schulsystem in Ghana ist generell "strenger" als das österreichische: Schuluniform ist Pflicht und Disziplin werden groß geschrieben. Vor Schulbeginn trifft man sich zum "Assembly", wo gesungen wird und der Tag quasi gestartet wird. Auch für Lehrer ist Anwesenheit Pflicht. Das ist für mich eher ungünstig, da ich großteils Nachmittagsunterricht habe. Das Schulgelände wird täglich von den Schülern vorm Assembly gereinigt. Dazu werden die Schüler in "Houses" eingeteilt und die Aufgaben werden im Rotationssystem vergeben. Nach 15:00 habe die Schüler, die teilweise im "Hostel" wohnen zeit zu lernen oder sich sonst wie zu beschäftigen, das Angebot ist auf jeden Fall da.

Die Schüler sind um die 20 Jahre alt (zumindest die, die zum ersten Mal diese Schule besuchen) und damit genau so alt wie ich, was bis jetzt (2 Tage) noch nicht zu Problemen geführt hat. Die Motivation ist anscheinend hoch, zumindest im Unterricht. Hausaufgaben werden tendenziell nicht erledigt. Wenn ein Schüler zu spät kommt, sind die Ausreden eher schwach ("Oh, sorry! The woman at the kitchen was sooooo slow!" oder "Oh, I forgot about time!") weil sie der Wahrheit entsprechen. Was mir persönlich gefällt. Generell sind die Schüler sehr angenehme Zeitgenossen: ruhig, interessiert aber viel zu schüchtern für ihr Alter. Die Mädchen waren bis jetzt nicht dazu zu bewegen, ein Beispiel an der Tafel zu lösen ("Next time I'll do it, ok?") und sie trauen sich auch nicht im Unterricht nachzufragen. Die Fragen kommen immer nach der Stunde. Die Jungen hingegen sind für alle Aufgaben zu haben und diskutieren bei Uneinigkeit sehr angeregt.

Was den Unterricht meinerseit betrifft: Es ist nicht leicht, sich vollständig auf das englische Vokabular zu verlegen und gleichzeit Begriffe wie "Elektrischer Strom", "Spannung", "Ohm'sches Gesetz" und den Energieerhaltungssatz zu erklären. Aber es wird besser und mit guten, praktischen Beispielen kann man den Schülern komplexe Themen einfach erklären.

Samstag, 13. September 2008

"Ganz Ghana?!" "Ganz Ghana!"

Diese Überschrift habe ich von Asterix & Obelix geklaut.
Was ich damit sagen möchte: Ich kenne fast alles von Ghana, auch Malaria.
Malaria klingt für Europäer wahnsinnig schrecklich,
und das ist es auch.
Für Ghanaer ist Malaria wie für uns eine Grippewelle. Sie kommt, man wird krank, sie geht.
Die Symptome sind bei allen Menschen verschieden, die häufigsten sind aber
hohes Fieber (mein unerfreulicher Rekord: etwas über 40°C), Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Ermüdung, Appetitlosigkeit, Schweißausbrüche, Kältegefühl und was sonst noch dazugehört um sich wirklich schlecht zu fühlen.
In meinem Fall war es so, dass ich am Montag ohne irgendein Vorzeichen gegen Mittag beinahe zusammengebrochen bin und mich hingelegt habe. Nach 3 Stunden hatte ich 40°C Fieber. Ich wurde sofort mit Coartem behandelt, das medizinisch gesehen einem Vorschlaghammer gleicht. Nach einer Stunde war das Schlimmste vorbei. Was bliebt sind Kopfschmerzen, Schweißausbrüche und Schmerzen in den Nieren (das kommt vom Medikament). Ich habe so viel Wasser getrunken wie noch nie. Nach der ersten Behandlung kam das Fieber nur mehr schubweise, bis es ganz weg war. Danach ist man noch mehrere Tag schwach und muss sich schonen.
Wo oder wann mich eine Malaria-Mücke gestochen hat weiß ich nicht.

Wie ich vielleicht schon erwähn habe, trifft man sehr viele Volontäre in Ghana. Jetzt, wo ich schon fast ein Monat in Ghana bin habe ich (abgesehen von den anderen Volontären) so um die 12 Volontäre aus England, Deutschland und den Niederlanden getroffen. Vielleicht wurde ich bei einer dieser "Obruni-Parties" gestochen. Wer weiß.

Wer bis jetzt den Eindruck hatte, ich mache in Ghana nichts anderes außer Feiern irrt sich. Über die Arbeit schreibe ich halt nicht so gerne, weil nicht so aufregend. Darum jetzt noch ein paar Worte dazu:

Am 16.9 fängt die Schule an und die Vorbereitungen sind noch nicht alle abgeschlossen, also Beeilung, da ich noch die Zeit von meiner Malaria aufholen muss.

Benni

PS: ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG, REBECCA!!!

Donnerstag, 4. September 2008

Lake Bosomtwe

Auf Anraten Pater Paolo's haben wir (Martin und Ich) uns dazu entschieden Urlaub zu nehmen, während Patrick ein zweites Mal nach Accra fährt um Marian und Ludwig abzuholen. Unsere Reise ging nach Lake Bosomtwe, einem heiligen See in der Nähe der Stadt Kumasi (die in der hügeligen Ashanti Region liegt), der nahezu kreisrund und der nach der Legende die Heimat der Seelen aller Verstorbenen ist. Außerdem wird er von einer Gottheit bewohnt, die kein Metall mag. Darum sind auf dem See nur Holzboote und Kanus zu sehen. Das Motorboot eines Krankenhauses bildet die einzige Ausnahme. Die Fischer auf diesem See haben eine weltweit einzigartige Fangtechnik und bewegen sich mit den Händen paddelnd auf einen zurecht gehobelten Baumstamm fort.


Leider sieht man das auf diesem Foto nicht so genau, aber man sieht, dass sie eben nicht in Booten sitzen.

Das Hotel unserer Wahl war das "Lake-Point Guest House" in Obo,
das von einer Österreicherin und ihrem ghanaischen Mann geführt wird.
Wie überall sind auch hier Importwaren sehr teuer, aber von Qualität.
So werde zum Beispiel Grüner Veltliner, Filterkaffee und Palatschinken zum Konsum angeboten, die nirgendwo anderes in Ghana erhältlich sind. Die Nacht kann man für 8 GHC in einem Gruppenschlafraum verbringen (in dem aber außer uns niemand geschlafen hat) oder
für 25 GHC in eine Lodge.
In diesem Beitrag geht es jetzt aber nicht um Hotelräume, sondern um den See und die Umgebung.


Im Vordergrund sieht man Bananenstauden, im Hintergrund Berge (in Minimalausführung), die den See vollkommen umgeben.

Wir haben uns sehr schnell an die "harten" Bedingungen gewöhnt und sofort angefangen mit dem Arbeiten aufzuhören. Das Ergebnis unserer Bemühungen wird von folgendem Bild gut dokumentiert. Die Kokosnuss stammt übrigens von einer Palme 10 Meter entfernt. Wir mussten leider aufstehen um sie zu holen... es hat sich jedoch voll und ganz gelohnt

Mit der Zeit wurde es immer schwieriger sich dazu aufzuraffen, das Gelände zu verlassen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Umgebung so schön ist und zum "Dasitzen-und-in-die-Ferne-starren" einlädt.

Wenn man von der Hängematte aus nach rechts schaut, sieht das so aus...

und wenn man gerade aus sieht, sieht man das hier....


... und wenn man nach hinten (landeinwärts) sieht, sieht man den hier!


Irgendwann hat uns dann doch die Neugier gepackt und wir sind am Vormittag losgegangen um die benachbarten Dörfer zu besuchen. Und zu Mittag waren wir immer noch unterwegs.


Leider hatten wir eine Unliebsame (aber wertvolle) Erfahrung mit den Einheimischen gemacht, die es gewohnt sind, dass alle Weißen blauäugige, großzügige Touristen sind. Wie heißt es doch "Warum in der Ferne schweifen, wenn das Gute ist so nah'?". Die folgenden Aufnahmen sind alle auf dem Hotelgelände entstanden





Dieses Bild ist auch auf dem Hotelgrund entstanden...

... in Ghana ist eben alles ein bisschen größer

Wir haben auch erfahren, dass der Schlamm des Sees sehr gesund sein soll. Auch wenn das nicht stimmt, hatten wir unseren Spaß


Der einzige der nicht im Wasser war, ist Mr. Doppelkeks, eine Bronzefigur, von der ich nach wie vor nicht weiß, was sie bedeutet (aber ich bin hoch motiviert es heraus zu finden)

Danach musste ich dann wieder die Hängematte bewachen.
und Martin hat den Strand bewacht

Leider ist die Zeit um, und wir sind wieder ins Projekt zurück gekehrt. Als Entschädigung haben uns dort Marian und Ludwig erwartet. Ich werde aber auch jeden Fall nochmal nach Lake Bosomtwe reisen.