Freitag, 24. Oktober 2008

Da sich mein Blog wie der Reisebericht eines All-inclusive Urlaubs liest...

komme ich jetzt mal auf das Thema Schule, Schüler/Innen und Unterricht zu sprechen (besser: zu schreiben).

Hier ein Abschnitt, den ich am 21.9.2008 verfasst, aber damals nicht veröffentlicht habe.

"Auch wenn Ghanaer nicht den Ruf haben besonders zuverlässig zu sein, so sind sie zumindest hoch motiviert. In Ghana, wo Bildung eine Geldfrage und (trotz Schulpflicht) nicht selbstverständlich ist, wird Bildung durch den damit verbundenen Wohlstand zum höchsten Gut der Jugendlichen. Die Schüler schlafen im Unterricht (einige weil sie zu lange wach gewesen sind, einige, weil sie Muslime sind und gerade fasten, was den Körper oft stark belastet, da von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang weder gegessen noch getrunken wird) und trauen sich kaum, kritische Fragen zu stellen. Die Lehrbücher der Vorjahre sind auf dünnem Papier gedruckt, das oft von alleine zerfällt oder sogar falsch gebunden ist. In den Büchern selbst sind nur Beispiele und Übungsangaben, aber nur wenige Bilder oder Erklärungen enthalten. Außerdem ist der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen - was das Lernen betrifft - gewaltig. Zum Einen liegt das sicher am Unterrichtsfach „Computer Technology 1“, das eindeutig eine Männerdomäne ist, zum Anderen sicher an der Gesellschaft, in der Männer bevorzugt werden. Während die Jungen in Mathematik sofort die Aufgabenstellungen an der Tafel diskutieren, sind die Mädchen oft still und geben erst nach dem Unterricht bekannt, dass sie nichts von der ganzen Stunde verstanden haben. Ich hoffe, das legt sich mit der Zeit."

Jetzt, ein Monat später, ist es ganz interessant, wie sich meine Ansichten geändert haben.

Zuverlässigkeit: Es stellt sich nicht die Frage OB etwas gemacht wird. Die Frage ist WIE und WANN etwas gemacht wird.

Schlafen im Unterricht: Kommt hin und wieder vor, ist aber ab Ende der Fastenzeit besser geworden. Wenn jetzt Schüler im Unterricht schlafen, sind sie meistens dabei sich von Malaria auszukurieren. Das Fernbleiben vom Unterricht wegen Krankheit muss vom Lehrer und vom Direktor genehmigt sein.

Fragen im Unterricht: Ich habe nach Unterrichtsende eine 60 minütige "girls-only-class" eingerichtet, da beim ersten Hardwaretest das beste Mädchen immer noch schlechter als der schlechteste Junge war. Ich werde bald sehen, ob diese Stunden von Nutzen sind, da der Test wiederholt werden muss. Beim Mathematiktest war das Gefälle nicht mehr so schlimm, obwohl auch bei diesem Test die einzigen, positiv beurteilten, Schüler männlich waren. Ich glaube, die Schüler fangen langsam an, am Unterricht aktiv teilzunehmen.

Gesellschaft: Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die ghanaische Gesellschaft von Männern dominiert wird. Aber ich glaube, dass die Rolle der Frauen im System stärker ist, als es scheint. Viele der Mädchen arbeiten in Unterricht selbständig und lassen sich von den Jungen nichts sagen. Es gibt das treffende ghanaische Sprichwort: "Die Henne weiß zwar, wann die Sonne aufgeht, lässt den Hahn aber krähen."

Wie schaut meine Arbeit bzw. mein Tag jetzt aber konkret aus?

5:45-6:15 : Aufstehen
Hier kommt es zu regelmäßigen Auseinandersetzungen zwischen mir und meinem Moskitonetz; es ist einfach viel zu groß!

6:15-7:15 : Morgenrituale, Hirn einschalten
In Ghana fängt der Tag an bevor die Sonne aufgeht. Schüler trainieren verschiedene Sportarten oder treffen Vorbereitungen für den Tag (Essen kochen). Auch wir widmen uns der körperlichen Ertüchtigung indem wir 2 Runden um die Projektmauern laufen oder ein paar Runden am Fußballplatz drehen. Das Frühstück besteht meistens aus Ananas, Orangen, Reis, Erdnusscreme, Marmelade und Brot, hin und wieder auch Eierspeise mit Paprika und Tomaten. Gegen 7:15 kommen dann meistens Schüler vorbei und fegen das Gelände rund um unser Haus (wir wohnen
auf dem Schulgelände). Das ist immer das Ende der morgendlichen Beschaulichkeit, da die Schüler gut durch die Fenster sehen können und sofort Konversation betreiben wollen. Für mich ist das die falsche Zeit.

8:00-8:30 : Morningassembly
Das Morningassembly ist ein Überbleibsel der englischen Kultur. Es wird gebetet, gepredigt und gesungen, danach gibt es noch ein paar wichtige Verlautbarungen und dem Unterricht steht nichts mehr im Wege.

8:30-15:00: Unterricht
Ich unterrichte 18 Wochenstunden ausschließlich CT1 (das ist die erste Klasse des "Computer Technology" Kurses). Die Stunden sind gleichmäßig auf Hardware (generelle Theorie), Lab (praktischer Teil von Hardware), Mathematik (Prozent, Brüche, Kopfrechnen, Zahlensysteme bis jetzt) und Operating System (Installation/Konfiguration von Windows XP). Eine Unterrichtseinheit hat 45 Minuten und anschließend 5 Minuten Pause.

16:00-17:30: Sport
Fußball, Volleyball, Basketball oder Hausaufgaben verbessern... es bleibt die Qual der Wahl!

18:00-19:00: Abendessen
Es wird immer heiß gegessen. Die Vorstellung, dass ein ausgiebiges Frühstück das Wichtigste ist und das Abendessen eher klein portioniert sein sollte, findet in Ghana nicht viele Anhänger.

21:00-22:30: Sendepause
Gegen neun nehme ich mir dann vor ins Bett zu gehen. Das schaffe ich dann auch so rund um zehn. Waschen, kleine Vorbereitungen für den nächsten Tag und ein paar Zeilen Lektüre dann wird das Licht ausgemacht. An diesem Punkt möchte ich erwähnen, dass es in Ghana erlaubt ist, die Nachbarn zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Musik/Gesängen/Vorträgen zu beglücken. Leider habe jene Personen, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, auch entsprechend große Lautsprecher.

In Ghana ist es wirklich wichtig einen geregelten Tagesablauf zu haben (eigentlich ist das immer wichtig) ansonsten fällt man schnell aus der Bahn. Selbiges gibt auch für die Mahlzeiten.

Ich verspreche jetzt einfach mal nicht Photos nachträglich einzufügen,
da das wahrscheinlich eine glatte Lüge wäre. Vielleicht kommt doch noch eine positive Überraschung...

1 Kommentar:

JaKa goes Afrika hat gesagt…

Oida benni!! :-))
Wie gehts denn so? Alles klar bei euch viern!! Ich beneide euch sooooooooooo sehr!! Will auch wieder zurück!! Hoff ihr genießt die Zeit noch und ihr schlagt euch nicht schon die Köpfe ein!! Ich seh die Kathi noch immer fast täglich, irgendwie kann man nicht genug voneinander kriegen, wenn man 4 monate bett an bett gelebt hat!! Grüß mit den affen und die lieben salesianer und einfach alle in ghana!! passt auf euch auf und oida Benni, setz dich bitte nicht auf die yogamatte! :-)