Sonntag, 11. Januar 2009

F, wie fahren, Fernweh

Fernweh ist vielleicht die falsche Überschrift, denn nirgendwo in Ghana kann man sich heimischer fühlen als auf den Straßen... bei all den aus dem deutschsprachigen Raum importierten Fahrzeugen!

In Ghana herrscht eine anderen Einstellung zum Reisen als in Österreich: die Zeit ist nicht so wichtig. Sicherheit auch nicht. Zwei Stunden Wartezeit werden anstandslos hingenommen und unbequeme Sitze sind die Norm. Anschnallgurte werden maximal dazu benutzt, Gepäck auf's Dach zu schnallen. Schienenverkehr hat in Ghana wesentlich weniger Bedeutung als in Österreich. Darum gebe ich jetzt eine kurze Übersicht über die verschiedenen Arten der Fortbewegung.

Zu Fuß: man geht, geht, geht, schwitz, leidet und geht weiter. Irgendwann kommt man dann doch an.

Fahrräder: Wer es sich leisten kann, kauft eines. Der Nachteil von Fahrrädern ist, dass man sich damit bei Dunkelheit damit nicht mehr auf der Straße bewegen kann, weil es einfach zu gefährlich ist. Im Norden sind sie nach Motoräderen die bevorzugten Fortbewegungsmittel, während sie im Süden Ghanas eher unbeliebt sind.

Panoramaaufnahmen des Mount Bike, Ghana 2009 (von Gletscherschmelze keine Spur)

Motorräder/Mopeds:
Sind sehr beliebt, da sie im Stadtverkehr schnell sind und vergleichsweise wenig Sprit brauchen. Zur Regenzeit ist das Motorradfahren jedoch ein zweifelhaftes Vergnügen.

Der Klassiker: importiert aus China oder Indien, Zweitakter, bietet Platz für 2 Personen oder den Fahrer, 3 Ziegen und einen Korb voll Yam.

Taxis: Ich schätze mal, dass Taxis mehr als 50% aller Fahrzeuge auf den Straßen der Städte ausmachen. Nahezu alle Taxis sind Opel Kadett. Es gibt zwei Arten von Taxis: „shared taxis“ and „dropping taxis“. „Shared taxis“ sind Taxis die wie Linienbusse (ohne fixe Haltestellen) fahren. Sie folgen einfach einer bestimmten Route und man zahlt um die 30 Pesewas egal wo oder wann man ein- oder aussteigt. Dropping Taxis sind Taxis im herkömmlichen Sinn. Der Preis ist meistens Verhandlungssache. Unter einem Ghanacedi kommt man aber kaum weg. Dafür wird man bis vor die Haustür gebracht. In der Nacht sind die Preise meist um 50 Pesewas bis zu einen Ghanacedi höher.

Busse: Große (Reise-)Busse werden immer öfter benutzt um Fernreisen zu unternehmen, da sie mehr Stauraum haben und sicherer sind. Die G3: MMT, STC und O.A. Travel Sie sind eigentlich ganz gut in Schuss, STC und O.A. haben leider ein Klimaanlage und einen Fernseher eingebaut. Die Innentemperatur beträgt 12°C, und "nigerian movies" rechtfertigen Schadensersatzansprüche.

Autos:
Generell ist zu sagen, dass viele Autos mit deutschsprachigen Aufschriften zu sehen sind.
Warum so viele Autos ausgerechnet aus Deutschland oder Österreich kommen, weiß ich nicht. Autos ohne Aufschrift gibt es kaum. Immer sind kurze Sprüche oder ein einzelnes Wort an der Heckscheibe zu sehen. Die einzige Ausnahme bilden Polizeiautos und Autos von Ausländern.

"No rush in life"... das wirkt in einem Stau schon fast zynisch.

Bei diesem ghanatauglichen, weil höhergelegten, Kultgefährt übersieht man beinahe die typisch farbenfrohe Veranda im linken Bildbereich...


... und hier im Zentrum des Bildes! Der gewogene Betrachter lege auch sein Augenmerk auf den gelben Stand, der Guthaben für MTN und Tigo Wertkartenhandys verkauft. Vertragshandys sind in Ghana eher die Ausnahme.

Wer dieses Auto mit Lautsprechern "bedacht" hat, war zum Zeitpunkt der Photoaufnahme sicher außer Hörweite... im Gegensatz zu mir.

Trotros: Fahrzeuge im Format eines VW-Busses. Meist wird der Kofferaum auch noch für den Transport von weiteren Personen genutzt, sodass durch enge Sitzreihen und schmale Sitze bis zu zwanzig Personen in ein Trotro passen. Das Gute am Trotro ist, dass es sehr günstig ist und man keine Angst haben muss „Touristenpreise“ zu zahlen, da man sehen kann, wie viel die anderen Fahrgäste zahlen. Der Nachteil eines Trotros ist, dass die Autos mehr als alt sind. Die Sitze verschaffen jedem der mehr als eine Körpergröße von 1,60m aufweist eine „unvergessliche“ Fahrt und viele der Trotrofahrer haben einen sehr eigenen Musikgeschmack. Außerdem fährt ein Troto erst dann los, wenn es voll ist. Das kann schon mal zwei Stunden dauern. Trotos bilden den Großteil des öffentlichen Verkehrs. Für kurze Fahrstrecken sind Trotros sehr gut geeignet, für längere Fahrten bevorzuge ich dann aber doch Busse, da diese einfach sicherer sind.

Ein Prachtexemplar von einem Trotro... und die Sitzgästen müssen nicht einmal die Schiebetür zuhalten.

E, wie education

Es folgen jetzt keine Statistiken, Jahreszahlen oder semi-wissenschaftliche Abhandlungen über den Aufbau des ghanaischen Schulsystems. Dazu sind Wikipedia und Google da. Mir geht es vorrangig darum, die "Positionierung" des Don Bosco Vocational Technical Institute im ghanaischen Bildungssystem darzustellen.

Grundsätzlich ist das ghanaische Schulsystem an das englische System angelehnt. Die Schullaufbahn wird in Preparatory School, Primary School, Secondary Junior High School und Secondary Senior High School unterteilt, wobei die Secondary Junior High School noch in der Schulpflicht inkludiert ist. Grundsätzlich sind die öffentlichen Schulen gebührenfrei solange der/die SchülerIn schulpflichtig ist, was nicht heißt, dass sie gratis sind, da Schuluniformen, Schulbücher, Exkursionen und Weiteres extra gezahlt werden müssen. Das ist eine echte Herausforderung für Familien, die sich nicht einmal die Gesundheitsversicherung von 22 GHC pro Jahr leisten können.

Das DBVTI konzentriert sich speziell auf die Jugendlichen, die die Gebühren für die Senior Secondary School (SSS) nicht aufbringen können und bietet mit dieser Berufsausbildung eine gute Alternative zur SSS. Auch wenn das DBVTI selbst Schulgebühren verlangt, so sind diese vergleichsweise niedrig und unter Berücksichtigung der guten Ausbildung und der außerschulischen Leistungen nahezu von symbolischem Wert. An dieser Stelle möchte ich gerne ein paar Dinge klarstellen:

1) Das DBVTI ist keine Busch-Schule. Wir haben 2 Computerräume die ungefähr 60 Computer in einem Domänen-Netzwerk beherbergen. Zusätzlich haben wir ein Hardware-Labor mit zirka 15 Computern zum Herumschrauben. Internetverbindung ist vorhanden, aber langsam. Das wird sich aber bald ändern. Ich habe polytechnische Schulen (Hochschulen) und Universitäten in Ghana besucht und unsere Einrichtung kann sich qualitätsmäßig durchaus sehen lassen.

Joshua (auf der Leiter) beim Montieren der Funkantenne für die Internetanbindung der Schule. Daneben der dezente Hinweis auf unsere Zertifizierung als ICDL Trainings- und Testzentrum

2) Durch den europäischen und kirchlichen Einfluss laufen einige Dinge anders als in herkömmlichen ghanaischen Schulen. Erstens werden die Schüler nicht geschlagen, zweitens ist der Unterricht besser organisiert und drittens arbeitet keine der Führungspersönlichkeiten in die eigenen Taschen.

Zum Abschluss der Ausbildung werden die Schüler zu externen Zertifizierungsstellen wie WAEC (West African Examination Council), NVTI (National Vocational Training Institute) oder NGOs wie IPMC, NIIT, Cisco oder Ähnliches geschickt. Leider sind diese aber außerordentlich teuer und wir sind aber nach wie vor auf der Suche nach etwas Passendem und Dauerhaftem für unsere Computer Technology Absolventen. Interne Examen finden auch statt, sind aber am ghanaischen Arbeitsmarkt weniger bedeutend als externe Zertifikate.

D, wie Danke

Das hier sollte eigentlich mein längster Post werden, da ich so vielen Menschen für ihre Unterstützung danken muss. Ich hoffe, dass sich die betroffenen Personen angesprochen fühlen (auch wenn der Name nicht explizit genannt wird).

Besonderen Dank an Georg Kapsch, der meinen Einsatz und zuvor auch meine Ausbildung immer großzügig gefördert hat.


Großer Dank an Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche in Österreich. (PS: Ihre Statue (siehe Eintrag B) ist ein guter und treuer Wegbegleiter!)


Vielen Dank auch an das Evangelische Gymnasium und an seine Lehrerschaft. Hier wurden starke Fundamente für meinen Einsatz gelegt (besonders habe ich mich über den Link auf der ersten Seite der Homepage gefreut!).


Lieben Dank an Ritchie Strobl für die Spende.

Danke auch an Hescho für die finanzielle Unterstützung.

Nicht zu vergessen: Die ERSTE GROUP BANK AG, Filiale Rochusmarkt, Frau Sommer!


Danke Nani, für die guten Marmeladen! Diese drei Gläser waren ihr Gewicht in Gold wert!

Danke Andi, für das schöne Kuh-Foto! (Ghanaische Kühe haben wirklich nicht sehr viel mit österreichischen Kühen gemeinsam.)


Dank an meine Familie, die mich so großartig unterstützt und keine Mühen scheut um mich mit allen möglichen Haushaltsartikeln und Zeitschriften zu versorgen.

Lieben Dank an alle "Kammerschläger" die mit ihrer Weihnachts-Spende Stipendien finanziert haben, um den Schülern eine gute Ausbildung zu ermöglichen.

Mein Weihnachtswunsch, Kugelschreiber für unsere Schüler, wurde mehr als erfüllt:

Großen Dank

an die RLB NÖ-Wien AG, Mag. Josef Strassnig


an die ÖVP Wieden, Frau Bezirksvorsteherin Susanne Reichard


an die PEZ International AG, Mag. Manfred Födermayr


an die Familie Michael und Gaby Buresch, Wien

an die Familie Wolfgang Breuer, Wien

an Michi Glaser und Michi Reichel

Ich freue mich auf ein Wiedersehen!


PS: Das Foto ist schon etwas älter. Die langen Haare gibt's schon lange nicht mehr

Samstag, 10. Januar 2009

C, wie Clanvisite

Brenu ist ein an sich kleines Fischerdorf in der Nähe von Elmina. Das Hotel, das den klingenden Namen "Brenu Beach Resort" trägt, wird von einer gewissen Madam Agnes geleitet, die mit ihrem europäischen Ehemann das Hotel aufgebaut hat.

Der Eingang. Wenn man mit dem Auto hinein will, muss man 2 GHC an die Gemeinde zahlen.

Man kann in Bungalows oder (für 20-30 GHC) bei der Madam selbst wohnen. Sie wohnt in einem geräumigen Haus in der Nähe des Strandes um immer ein Auge auf ihren Betrieb zu haben. Als ich mit ihr einmal (vor dem Besuch meiner Verwandtschaft) ins Gespräch gekommen bin, hat sie mir erzählt, dass die Hälfte des Hotels der "Community" zu deutsch Gemeinde gehört. Als sie das Hotel aufgebaut hatte und das Geschäft gut lief, hat der Dorfrat einfach einen Wohnkomplex für sich beansprucht. Nun muss sie neue Unterkünfte bauen.

Die neuen Gästezimmer (noch in der Bauphase)

Der rege "Nahverkehr" am Strand beweist, dass dieser schöne Ort (noch) den Einheimischen gehört (Aufgenommen zur Hauptverkehrsstoßzeit)

Man beachte den Dunst, der durch den Harmattan verursacht wird. So gegen Mittag löst sich die ganze "Suppe" auf.

Ohne Worte, ohne Menschen

Von Brenu aus lassen sich bequem Ausflüge in die Umgebung machen. Unsere Destinationen waren Cape Coast und der Kakum Nationalpark. Ich glaube es war ganz interessant für meine Mutter und meine Schwester gemeinsam mit den anderen Volontären zu reisen, da meine so meine Familie auch anderen Ansichten zu hören bekommen hat.

v.l.n.r.: Flo (kleine Schwester), Lisa (keine Schwester), Ludwig (Blutsbruder), Maria (Krankenschwester)

Cape Coast, das bei Touristen sehr beliebt ist, ist die Stadt, die rund um Cape Coast Castle enstanden ist und zur Zeit des Sklavenhandels eine große Rolle im Menschenhandel gespielt hat. Im Gegensatz zu Elmina (das ursprünglich für den Handel mit Gewürzen, Gold und anderen Gütern gebaut wurde)ist Cape Coast Castle ausschließlich für den Sklavenhandel gebaut worden. Trotzdem ist Cape Coast für mich ein Highlight, wenn es um den Handel geht. Das liegt an der Handelkette Melcom, die dort eine ihrer größten Filialen hat. Melcom, ist Ghana's größte Supermarktkette und ist bis jetzt ohne wirklich Konkurrenz in Ghana führend (Accra vielleicht ausgenommen). Hier ein paar Fotos aus Cape Coast's modernstem Einkaufscenter (mit freundlicher Genehmigung von Melcom)



Ich muss sagen, dass dieses Geschäft ein "familiäres Ambiente" erzeugt, das IKEA & Co. um kein Geld der Welt erzeugen könnten.

Cape Coast hat viel vom afrikanischen Flair und ist in angenehmer Nähe zu Accra, was optimal für den Familienbesuch ist. Leider ist auch die Idylle Cape Coasts immer mehr durch den Müll in der Stadt und am Strand getrübt. Umsomehr hat mich ein Projekt (mit einem deutschen Volontär) beeindruckt, das die Wasserbeutel, in denen das Trinkwasser zu je 0,5 Litern verkauft wird, zu Gebrauchsgegenständen wie Taschen, Geldbörsen oder Müllsäcken "recyceln".

Eine der "Recycling-Taschen". Wie bei allen ghanaischen Produkten ist das Qualitätsmanagement eine rein theoretische Angelegenheit

Es folgen ein paar Fotos von Cape Coast







Ein weiteres, verstecktes Juwel von Cape Coast ist das Gericht, das direkt gegenüber von Cape Coast Castle steht (welch Ironie). Auch wenn das das Gebäude selbst einen maroden Eindruck macht und auch die Korruption in Ghana blüht, sei angemerkt, dass das Volk Ghana's an sich einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hat (der bis zur Selbstjustiz geht)




Ach ja, da waren dann auch noch Wahlen!
Ich glauben die ersten Wahlen haben am 7.12 stattgefunden, wurden aber dann zu Stichwahlen, deren Ergebnis dann von der damaligen Regierungspartei (NPP) verzögert wurden (Es sind ein paar Wahlurnen auf mysteriöse Art und Weise verschwunden, sodass in einer Stadt neu gewählt werden musste. Bis das passiert ist galt das Ergebnis, das durch diese verzögerte Wahl sowieso nicht geändert werden konnte, nicht). Die neue Regierung (NDC, gegründet von Rawlings) ist jetzt damit beschäftigt, ein paar Ungereimtheiten aufzuklären (140 verschwunden Regierungsautos, Geschäftsbücher die anscheinend von Legasthenikern geführt wurden,...).

Eine Wahlurne. Kein Wunder, dass da ein paar "vom Winde verweht" wurden.

Nach Cape Coast haben wir uns auch noch den Kakum-Nationalpark angesehen. Obwohl ich den Park und Cape Coast schon kenne, habe ich es sehr genossen mit meiner Familie dort zu sein. Vorallem der Nationalpark war eine positive Überraschung da wir nach der Hängeseilbrückenwanderung noch einen "nature walk" gemacht haben, in dem wir von einem Guide in gehobenem Alter die verschieden Verwendungszwecke aller Pflanzen erklärt bekommen haben.




Und dann war da noch Silvester. Wir habe daher die Familie von Martin besucht, die sich 30 Marschminuten von uns in einem Hotel einquartiert hat, das von Holländern betrieben wird. Es hat ziemlich genau um 0:00 zu regnen angefangen. Ich seh's einfach mal positiv.

Zu dem Zeitpunkt waren wir alle noch trocken (Bitte nicht falsch verstehen!)

Martin + Familie

Benedict + Familie

...und siehe da, schon ist die Besuchszeit um!

B, wie Brenu Beach, baden oder bonfire

Jetzt aber! Auf zum Strand! Als erstes nach Kokrobite (angeblich von „krokodile bite“ abgeleitet). Kokrobite ist für seine schönen Strände, bunten Fischerboote und die vielen Rastafarians in dieser Gegend bekannt.

Jajajajaaaaa! Gleich da!

Rastafarians sind leicht an den Rastazöpfen (verfilzte Haarstränge) zu erkennen und haben den Ruf das Leben so unbeschwerlich wie möglich zu führen.

Atta & Atta... so heißen alle Zwillinger

Das ist die Schwester der beiden Attas. Narben und Tätowierungen in Gesicht sind in Ghana üblich, da sie die Stammeszugehörigkeit zeigen. Inzwischen ist es in der Gesellschaft immer weniger verankert.

Wir haben im „Black Stone“ Quartier bezogen.

Das "Black Stone". Ein Hotel am Tourismus-Hot-Spot Kokrobite Beach

Für günstigen 8 Cedis bekommt man ein Doppelbett und vier Wände drumherum. Eine Türe und ein Fenster sind inklusive. Dusche und Klo werden durch die patentierte Kübelmethode betrieben.

Duschen in trauter Zweisamkeit

Ein funktionierender Ventilator ist Glückssache (Es stellt sich die Frage ob angedrehte Ventilatoren in dem Zustand wie sie in diesen Räumen anzutreffen sind wirklich als Glück zu bezeichnen sind). Das Essen im Black Stone ist ebenfalls voll und ganz von der Laune Fortuna’s abhängig. Am ersten Abend hatten wir ein wirklich ausgezeichnetes Fufu (für einen Ghana Cedi), am zweiten Abend war das Fufu nicht zu essen(ebenfalls für einen Ghana Cedi).
Für ein Vielfaches kann man in „Big Milly’s Backyard“ speisen, das 2 Minuten zu Fuß entfernt ist und dessen Strand wir benützt haben.

Die Zielgerade zum Strand

Die Speisekarte und die Preise sind an europäische Gaumen und Geldbörsen angepasst. Auch die Souvenirstände am Strand (die von Rastafaris betrieben werden) haben europäisches Preisniveau (d.h. die Andenken kann man nach ein bisschen Feilscherei um den halbe Preis bekommen). Rekordverdächtig war ein kleines Mädchen, das uns Wasser für 50 Pesawas verkaufen wollte. Das ist das Zehnfache vom Normalpreis, der sonst überall in Ghana verlangt wird. Sobald man aber zu verstehen gibt, dass man mit dem ghanaischen Preisen vertraut ist, bekommt man die normalen Preise.
In solchen Situationen kommt es zum „Gewissenskonflikt“: einerseits sind 50 Pesawas für europäische (also auch meine) Verhältnisse ein lächerlicher Preis und ich könnte ihn mühelos bezahlen. Damit bräche mir kein Stein aus der Krone und für das kleine Mädchen wär’s eine große Hilfe. Ich würde also meinen Reichtum (oder besser: mein Glück in Europa geboren zu sein) teilen. Andererseits würde ich das Image des reichen, weißen Mannes ,der keine Sorgen hat, fördern, wenn ich mich nicht um den Preis scheren würde. Genau dieses Image ist es aber, das die Arbeit aller Volontäre erschwert, Freundschaften im Vorhinein verhindert und schöne Momente in anstrengende Diskussionen um Geld verwandelt.

Ein Fischer, der seiner harten Arbeit nachgeht, während Touristen ihm dabei zusehen

Am Strand lernte ich John und Isaak kennen, zwei Brüder, die ein Hotel am Strand betreiben. An diesem morgen bin ich um fünf Uhr aufgestanden und habe mich mit den Fischern unterhalten, die am Strand die Netze flicken. Als ich danach den Strand entlang gewandert bin, ging ich auch an einer großen Menschenansammlung vorbei. Für Gewöhnlich bilden sich solche Trauben, wenn die Fischer die Fische verkaufen und die Marktfrauen den Fang begutachten und erwerben. Als ich einen Blick darauf werfen konnte sah ich, dass es sich um einen ertrunkenen Ghanaen handelt, der mit einem Tuch und Zweigen bedeckt wurde. Alle Menschen standen herum, ein paar diskutierten. Erst später kamen die Verwandten. Als ich zurück ging wurde ich von John angesprochen, mit dem ich ursprünglich gar nicht reden wollte.
Ihr Hotel ist bis jetzt noch nicht fertig gebaut ist und es hat noch keinen Namen. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll es „Crown Prine & Me“ heißen. Ich plädiere zwar nach wie vor auf „Pink Pather“ (das Hotel ist pink angestrichen) aber „Crown Prince & Me“ hat durchaus seine Berechtigung, da Isaak der Mann der Dorfkönigin ist.

"Crown Prince & Me"; Außenansicht

"Crown Prince & Me"; Innenansicht

"Crown Prince & Me"; Baustellen- oder Küchenansicht

"Crown Prince & Me"; Balkonansicht

Die Zimmer kosteten für uns 10 GHC (Freundschaftspreis!) pro Nacht (also 5 pro Person da es Doppelzimmer sind), exklusive Mahlzeiten. Das Abendessen war ein zweifelhaftes Vergnügen, aber das Frühstück (Omlet TwoTwo, so etwas Ähnliches wie „french toast“) war ausgezeichnet. Das Tolle an diesem Hotel ist, dass die Türen und Fenster mit Metallrahmen gemacht sind, damit keine Moskitos in den Raum können. Die Zimmer sind sehr sauber, die WCs funktionieren (noch) mit der Kübelmethode.
An diesem Punkt möchte ich noch eine kleine Anekdote erzählen:
Ich habe eine Metallfigur von Micheal Bünker (Bischof der Evangelischen Kirche in Österreich) bekommen, bevor ich nach Ghana gefahren bin. Jede dieser Figuren hat einen eigen Geschichte oder stellt ein Sprichwort (engl.: proverb) dar. Die Figuren werden hauptsächlich in der Voltaregion (sie befindet sich im Osten des Landes) und der Ashantiregion (zentral gelegen) hergestellt. Meine Figur stellt einen Mann dar, der mit einer Hand eine Kugel trägt und mit der anderen Ausschau nach dem Vogel hält, der auf einem Baum sitzt.

Ein Bild sagt doch mehr als tausend Worte

Die Geschichte zu dieser Figur habe ich von John (dem Besitzer des „Crown Prince & Me“ Hotels in Kokrobite) erzählt bekommen:
Zu Beginn leben alle Wesen in einer Hütte und schliefen am Boden. Ihr König war ein Mensch und sie lebten alle friedfertig neben einander. Doch dann wurde das Wasser knapp und die Tiere mussten einen Brunnen in den harten Boden graben. Alle Tiere halfen mit so gut es ging, nur der Falke verweigerte die Zusammenarbeit. Während die anderen arbeiteten, flog er zum nächsten Wasserloch und trank dort, bis sein Durst gestillt war. Als ihn der König darauf ansprach, spottetet der Vogel sagte: „Ich habe Flügel und bin frei! Ich fliege wohin ich will und trinke Wasser wann und wo ich will! Ich werde euch nicht helfen!“ Der König musste das Wohl oder Übel zur Kenntnis nehmen, erinnerte den Vogel aber daran, dass er dann kein Recht hätte den neuen Brunnen zu benutzen.
Als der Brunnen fertig war, konnten wieder alle Tiere trinken nur der Vogel musste immer weiter Strecken fliegen, um an Wasser zu kommen. Als das Wasser im Brunnen über Nacht immer weniger wurde ohne, dass eines der Tiere davon trank, wurden die Schildkröte und die Schlange als Wachen aufgestellt. Sie entdeckten den Falken, als er Nächtens zum Brunnen kam, davon trank und sich mit dem Wasser erfrischte. Die Schlange und die Schildkröte meldeten das dem König, der den widerspenstigen Vogel zu sich rief um ihn zu dem Thema zu befragen. Im Laufe des Gesprächs wurden die Lügen den Vogels immer fadenscheiniger und schlechter bis er gestand. Der König verbannte ihn aus dem Haus und verbot ihm, aus dem Brunnen zu trinken.
Der Vogel war über seinen Hochmut und die Demütigung so beschämt, dass er nie wieder am Boden schlafen konnte, sondern immer in den Baumkronen übernachtete.
Diese Geschichte erklärt, warum Vögel auf Bäumen und nicht am Boden schlafen.

John (gut erkennbar) mit meiner Figur (weniger gut erkennbar) vor seinem Hotel (unverkennbar)

Nach Kokrobite sind wir nach Brenu Beach gefahren. Dort gibt es ein nettes kleines Hotel, das direkt am Meer zwischen ein paar Fischerdörfern liegt. Viel Strand, wenig Menschen, viel Entspannung, wenig Betten (zu fünft in ein einem Doppelbettzimmer), viel Ausgaben (das Essen dort ist teuer!), wenig Weihnachten. In Ghana wird Weihnachten weniger gefeiert als Silvester.
Am 27.12 habe ich mich dann auf den Weg nach Accra gemacht um meine Familie vom Flughafen abzuholen. Mit 2 Stunden Verspätung habe ich dann endlich meine Mutter und meine Schwester getroffen. Wir haben uns in Osu (ein Bezirk im Zentrum Accras) einquartiert und eine Nacht dort verbracht, ehe wir am nächsten Tag die Honorarkonsulin von Österreich besucht haben. Mrs. Smith ist stets um die Österreicher (und im Notfall auch um Bürger anderer Nationalität) in Ghana bemüht und macht weit mehr als im „Aufgabenkatalog“ einer Honorarkonsulin steht. An dieser Stell möchte ich mich für das großartige Engagement und die Unterstützung während des Aufenthalts meiner Familien in Ghana bedanken. Grundsätzlich ist es nicht schlecht bei der Ankunft in Accra (nach vorherigen Kontaktaufnahmen natürlich) im Konsulat vorbeizuschauen, das vom Flughafen mit 15 Minuten Fahrt zu erreichen ist und Passkopien zu machen sowie Notfalltelephonnummern auszutauschen. Nach dem Besuch sind wir (meine Mutter, meine Schwester und ich) nach Brenu gefahren, wo ich das Hotel gebucht habe. Brenu liegt drei bis vier Fahrtstunden westlich von Accra in der Nähe von Elmina, einem der geschichtsträchtigsten Orte Ghana (mehr Informationen sind in früheren Blogeinträgen zu finden).